Sonntagsgedanken: Über Dunkelheit, Stille und die Kraft der Dankbarkeit | Aktuelle Nachrichten und Informationen

In der Adventszeit laden unsere Sonntagsgedanken zum Innehalten ein. Rainer Moritz beschreibt einen Winterabend im Dunkeln, der zur Erkenntnis führt, wie verletzlich und zugleich reich unser Alltag ist – und wie sehr Dankbarkeit den Blick auf das Wesentliche verändert.

Sonntagsgedanken: Über Dunkelheit, Stille und die Kraft der Dankbarkeit

Sonntagsgedanken in der Adventszeit

In der Vorweihnachtszeit möchten wir jeden Adventssonntag mit einem besonderen „Sonntagsgedanken“ beginnen. Mit ein paar Zeilen oder Worten laden wir zum Innehalten und Nachdenken ein – adventlich, besinnlich und hoffnungsvoll

Ein Winterabend im Dunkeln und die Erkenntnis, wie reich unser Alltag ist

Von Rainer Moritz

(Pfarrer im Bezirk Herzebrock-Clarholz der ev. Versöhnungs-Kirchengemeinde)

Plötzlich geht das Licht aus. Das Radio verstummt. Der Kühlschrank stoppt. Ebenso die Heizung. Der PC. Nichts geht mehr. Auch draußen ist alles finster. Stromausfall! Mitten im Winter. Mitten im Advent.

Ich sitze im Dunkeln. Das Haus wird kälter. Ich zünde die Kerzen am Adventskranz an.

Nach drei Stunden ist alles vorbei. Das Licht geht wieder an. Die Musik im Radio läuft. Der Kühlschrank surrt. Die Heizung tut ihre Arbeit. Der PC fährt wieder hoch.

Mir wird bewusst: Wie verletzbar ist unser Leben. Wie verwundbar. Wie wenig selbstverständlich. Wie schnell kann alles vorbei sein.

Ich könnte mir jetzt Sorgen machen: Was, wenn es wieder passiert? Öfter? Länger?

Ich könnte mich ärgern: über marode Infrastruktur, sensible Systeme, instabile Technik, menschliches Versagen …

Aber ich bin einfach nur dankbar. Dankbar, dass alles wieder läuft wie gewohnt. Mitten im Winter. Mitten im Advent.

Ich bin dankbar für Strom, Heizung und alle technische Versorgung. Für Wärme, Wasser und Licht. Wie vielen fehlt genau das – immer wieder, viel öfter, mehrmals am Tag, tagelang oder länger.

Ich bin dankbar für die, die sich Tag und Nacht kümmern. Die dafür sorgen, dass alles (wieder) funktioniert. Dass alles läuft – für mich und für alle anderen.

Gewiss, für Sorge und Ärger gibt es durchaus berechtigte Gründe. Nicht alles läuft rund. Manches läuft schlecht. Vieles könnte verbessert werden. Einiges muss geändert oder neugestaltet werden.

Doch ich bin dankbar für drei stille, dunkle Stunden mitten im Advent. Für das, was sie mir geschenkt haben. Für die tiefe Dankbarkeit, die ich spüren durfte. Für die Kostbarkeit des Lebens inmitten aller Verwundbarkeit. Für alles Gute, das ich erleben darf. Für alle Versorgung Tag für Tag. Für Wärme im Winter, Licht im Dunkel – und so viel mehr.

Und ich genieße dieses neue adventliche Gefühl. Dankbarkeit wärmt das Herz, weitet den Blick. Sie verbindet, schenkt Gelassenheit, erfüllt mit Freude und gibt neue Perspektiven.

Dankbarkeit trägt, wenn es mal nicht gut läuft. Und sie macht Mut, das zu gestalten, was zu ändern ist.

Ganz im Sinne der Worte von Aurelius Augustinus (354–430): „Wollen wir uns über die Zeiten beklagen? Nicht die Zeiten sind gut oder schlecht. Wie wir sind, so sind auch die Zeiten. Jeder schafft sich selber seine Zeit! Lebt er gut, so ist auch die Zeit gut, die ihn umgibt! Ringen wir mit der Zeit, gestalten wir sie! Und aus allen Zeiten werden heilige Zeiten.“