Lokale Sozialgeschichte: Einweihung der „Adam und Eva-Gedenkwand“ in Pixel

Der Heimatverein Herzebrock hat eine sehenswerte Gedächtniswand für das legendäre westfälische Landstreicherehepaar Adam und Eva an der Gütersloherstraße in Pixel errichtet.

Lokale Sozialgeschichte: Einweihung der „Adam und Eva-Gedenkwand“ in Pixel

Diese Gedächtniswand wurde am Samstag nach über zwei Jahren Bauzeit jetzt mit mehr als 60 Gästen feierlich eingeweiht. Neben zahlreiche Mitwirkenden, Kulturinteressierten, Sponsoren, Anwohnern und Mitgliedern des Heimatvereins waren auch Bürgermeister Marco Diethelm und Vertreter aus Rat und Verwaltung zur Eröffnung gekommen.

„Geschichte wird ja meistens erzählt von Herrschenden, von Berühmtheiten, von Leuten, die Staaten geführt haben, wir haben hier versucht, Sozialgeschichte darzustellen“, so Ralf Ostermann vom Heimatverein. Er wusste Interessantes zu berichten und beschrieb Adam und Eva das Landstreicherehepaar Anton Micheel (1855-1928) und Josefa Rickers (1855-1930) so: Es waren arme und urige Leute, westfälische Originale, sie wanderten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im östlichen Münsterland von Bauernhof zu Bauernhof, waren gutmütige Leute, gläubig, eine wandelnde Nachrichtenzentrale, die allgemein Aufmerksamkeit erregten. Anwohner und Projektunterstützer Klaus Große Bockhorn, der sich tief in die Materie eingearbeitet hatte, fügte hinzu: „Tauchten die öffentlichkeitsscheuen Adam und Eva mal in Herzebrock auf, dann nur in der Dunkelheit.“ Alles, was sie besaßen, trugen sie am eigenen Leib, das hieß, sie hatten mehrere Kleidungsstücke übereinander gezogen.

Für den Bau der vier Meter hohen und drei Meter breiten Wandtafel mit einer Metallumrandung gestützt und mit einer Cortenstahlbemantelung geschützt in Pixel, setzte sich der Heimatverein stark ein und das nicht ohne Grund. In unmittelbarer Nähe stand einst das Geburtshaus von Anton Micheel. Er war der Sohn eines Schreiners. Am 25. Juni 1855 geboren, „verdingte“ er sich schon früh als Knecht auf Bauernhöfen in der Nachbarschaft. Später machte er sich auf den Weg nach Telgte und Münster und arbeitete zeitweise als Schneidergehilfe. Hier lernte er Josefa Rickers kennen, sie verliebten sich und beschlossen zu heiraten. Die Ehe blieb kinderlos. Eine gemeinsame Unterkunft konnten sich die beiden nicht leisten, dafür waren sie zu arm. In aussichtsloser Lage beschlossen die beiden um die Jahrhundertwende „auf die Walz“ zu gehen. Täglich hieß es für sie, sich nach einer neuen Unterkunft umzuschauen und etwas Essbares für sich zu erbetteln.

Für die Erinnerungswand nutzte der Heimatverein das ehemalige Eingangsportal des 2019 abgerissenen Fachwerkhauses. Mit eingearbeitet seien auch verschiedene Materialien, welche damals im Haus verbaut waren. Von verbaute Balken aus dem Restbestand des Querdeelenhauses aus dem Jahr 1591 über Teile des einstigen Fachwerks bis hin zu gelbe und rote Ziegelsteine, die jetzt in die Wandfächer eingefügt wurden.

Komplettiert wird das an dem Pixler Radweg günstig liegende Bauwerk mit Tafeln, auf denen Informationen, weiteren Fotos und historische Texte, die zum einen über die Baugeschichte des Hauses und zum anderen über das ungewöhnliche Leben von Adam und Eva informieren. Des Weiteren ließ der Heimatverein ein QR-Code anbringen, der auf die Homepage des Heimatvereins verweist. Zwei Sitzbalken laden zum Verweilen ein. Die Pflasterung vor dem Bauwerk entstand aus übrig gebliebenen Steinen vom Clarholzer Bahnhof.

„Sowohl das nicht mehr existierende Fachwerkhaus als auch Anton Micheel und dessen damalige Begleiterin gehören zu unserer Heimatgeschichte“, so Hans-Hermann Strickmann, der den Gästen einen Foto-Rückblick auf den Aufbau der Wand gab. Ein Ersatzbau mit eigener Autowerkstatt errichtete Rainer Micheel, wo damals das Geburtshaus seines Uronkels Anton Micheel stand.

„Die Kosten des Projekts belaufen sich auf rund 16.000 Euro. Durch Spenden und Zuwendungen kamen 10.000 Euro herein. Eigenleistungen wurden im Wert von 2000 Euro erbracht. 4000 Euro sind noch offen, – wir sind zuversichtlich, diesen Betrag durch weitere Spenden decken zu können. Ohne bisherige ehrenamtliche Mitarbeit hätte sich der Finanzbedarf deutlich erhöht. Mein Dank geht an alle Spender, Unterstützer und Unternehmen. Die Spendenliste findet man demnächst auf der Homepage des Heimatvereins“, erläuterte Hans-Hermann Strickmann.

Zum Entwicklungsteam gehörten: Hans-Hermann Strickmann (Vorsitzender Heimatverein), Meike Rövekamp (Nachbarin), Klaus Große Bockhorn („Der Motor für die Geschichte“), Ingeborg Lakebrink (verantwortlich für den Bau der Rückwand), Hans-Bernhard Vielstädte (Heimatverein), Ralf Ostermann (Heimatverein), Werner Schumacher und Michael Niemann (Entwurfszeichnung).

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