Orte und Worte: Was soll das denn heißen?
Heimische Ortsnamen begegnen uns täglich, im Internet, im Radio, auf Schildern. Aber selten – oder noch nie? – haben wir darüber nachgedacht, was sie eigentlich bedeuten. Warum heißen die Orte in Herzebrock-Clarholz, wie sie heißen? Hat Herzebrock etwas mit Herzen zu tun, ist in Clarholz alles klar, war eine Queen in Quenhorn? So einfach wird es nicht sein, und genau deshalb geht der Gütersloher Autor Matthias Borner ("Pölter, Plörre und Pinöckel") den Worten in den Orten auf den Grund. Dabei möchte er seine Erkenntnisse zu den Ortsnamen nicht mit wissenschaftlichem Ernst, sondern mit Augenzwinkern vermitteln – so lernt man doch noch lieber etwas Neues dazu.
Dort liegt es:
Wer nicht weiß, wo Quenhorn liegt, fährt an einem Mittwoch im Kreis Gütersloh einfach einem Motorrad hinterher. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fahrt an der Brocker Mühle und damit in Quenhorn endet, ist groß.
Der Bikertreff zieht seit 1974 allwöchentlich Hunderte Gäste in die Herzebrocker Bauerschaft und verhundertfacht sowohl deren Personendichte als auch die Bußgeldeinnahmen. Denn eine lohnenswerte Adresse ist Quenhorn auch für mobile Geschwindigkeitsmessungen. Die Mitglieder der Harley Riders Harsewinkel, der Chrome Knights Kaunitz oder des MC Wilde Wampe Westerwiehe, alle voller Vorfreude auf das gesellige Treffen, juckeln halt nur ungern bei Tempo 30 hinter einem Trecker her.
Übrigens bekommt man in der Brocker Mühle nicht nur mittwochs und auch dann etwas zu essen, wenn man keine Yamaha, Triumph oder Ducati fährt. Doch Vorsicht: Das Tempolimit auf der Groppeler Straße gilt auch an allen anderen Tagen!
So hieß es früher:
Als „Quenahornum“ ist der Ort in der Heberolle (Steuerliste) des Klosters Herzebrock aus dem 11. Jahrhundert verzeichnet. „Ort“ ist in diesem Zusammenhang ein missverständlicher Begriff, bis heute ist Quenhorn keine geschlossene Siedlung, sondern besteht aus verstreut liegenden Haus- und Hofstätten, deren Urbesitzer so klangvolle Namen wie Brüggenpeter, Nünningmöller und Jasperzumpomberg trugen. Lange Familiennamen haben in Ostwestfalen Tradition, aber lange Ortsnamen werden konsequent eingekürzt – sechssilbige Ungetüme wie Schloß Holte-Stukenbrock sind künstlich geschaffen. „Quenahornum“ war nachfolgenden Generation jedenfalls zu lang. Sie halbierten die Silben, und 1425 liest man von der Bauerschaft zum ersten Mal als „de bürschop to Quenhorn“.
Das bedeutet es (vielleicht):
Das „-horn“ im Ortsnamen steht (wie bei Gütersloh-Nordhorn) für etwas landschaftlich Heraus- oder zumindest Hervorragendes. In Ermangelung markanter Felsformationen, Klippen und Bergsporne in der Quenhorner Heide kommt in diesem Fall eher eine Landzunge oder gar Halbinsel in Frage, die aus der damals noch mäandernden Ems gebildet worden sein mag.
Aber wem gehörte dieses Gelände? Der Name verrät es: der Quen. Wer dabei an die „Queen“ denkt, liegt vielleicht hierarchisch, nicht aber sprachgeschichtlich daneben. Die englische „Queen“ ist mit der altsächsischen „quena“ verwandt, dem Wort für „Frau“ bzw. „Ehefrau“ (wie z. B. die des Königs).
Quenhorn gehörte also einer Dame, natürlich nicht irgendeiner, sondern einer von hohem Stand. Da kommen so viele nicht in Frage; heißeste Kandidatin ist die Äbtissin des Kanonissenstifts Herzebrock. Die Biker pilgern also allmittwochlich zur „Landzunge der Frau“.