Orte und Worte: Was soll das denn heißen?
Heimische Ortsnamen begegnen uns täglich, im Internet, im Radio, auf Schildern. Aber selten – oder noch nie? – haben wir darüber nachgedacht, was sie eigentlich bedeuten. Warum heißen die Orte in Herzebrock-Clarholz, wie sie heißen? Hat Herzebrock etwas mit Herzen zu tun, ist in Clarholz alles klar, war eine Queen in Quenhorn? So einfach wird es nicht sein, und genau deshalb geht der Gütersloher Autor Matthias Borner ("Pölter, Plörre und Pinöckel") den Worten in den Orten auf den Grund. Dabei möchte er seine Erkenntnisse zu den Ortsnamen nicht mit wissenschaftlichem Ernst, sondern mit Augenzwinkern vermitteln – so lernt man doch noch lieber etwas Neues dazu.
Dort liegt es:
Richtung Münsterland. In Herzebrock-Clarholz kommen auf jeden Bewohner statistisch gesehen zwei Klöster, eine Kapelle und drei Pfarrkirchen. Noch verrückter: Auf jeden Bewohner kommen jeweils ein leidenschaftlicher Verfechter und ein erbitterter Gegner des B64-Neubaus. So ist die Doppelgemeinde nicht nur durch, sondern auch wegen der Bundesstraße geteilt.
So hieß es früher:
Das Kanonissenstift in Herzebrock wurde um 860 gegründet, als nahezu alle anderen Ortschaften im Kreis Gütersloh entweder noch nicht existierten oder aber so klein waren, dass sie niemandem auch nur ein Stück Schriftrolle wert gewesen wären. Dass die heute bekannte Gründungsurkunde wohl eine Fälschung aus dem 11. Jahrhundert ist, wäre mal ein Aufhänger für einen der vielen „True-Crime“-Podcasts. Jedenfalls wird in dieser Urkunde die Gründung des Stifts in „Rossobroc“ behauptet. Das scheint beim ersten Hören klanglich weit entfernt vom heutigen Ortsnamen zu liegen. Hundert Jahre später taucht auf „echten“ Urkunden das Anfangs-H auf: „Hrossabroch“. Daraus wird „Hersebrog“, später „Hercebroke“.
Das bedeutet es (vielleicht):
Wurden in Herzebrock Herzen gebrochen? Der Ortsname klingt wie einem Utta-Danella-Roman entsprungen – Liebe und Leid zwischen Ems und Poggenbach. Tatsächlich sind die Gewässer für den zweiten Teil des Namens mitverantwortlich. Ein „-brock“ ist ein Bruch, ein – wie auch bei Stukenbrock nachzuvollziehen – feuchtes, ggf. morastiges oder gar sumpfiges Gelände. Das klingt dann doch nicht mehr ganz nach Utta Danella …
Wobei, beim ersten Wortteil ist die Bestseller-Autorin wieder in ihrem Element. Denn nicht wenige ihrer Liebesromane spielen auf einem Reiterhof. Und „Herze-“ bedeutet: Pferde. Ein Engländer würde die Verbindung noch schneller erkennen, sein „horse“ ist ganz nah dran am „Herze“. Wie auch das deutsche „Ross“ geht es auf die altsächsischen Wörter „hros“ und „hers“ für die edlen Tiere zurück.
Das Wappen der eigenständigen Gemeinde Herzebrock zeigte daher ein Pferd, es wurde 1970 zusammen mit einem Baum als Symbol für Clarholz in das redende Wappen der Gemeinde Herzebrock-Clarholz übernommen. Denn in ihrer ursprünglichen Bedeutung ist Clarholz der Kleiwald und Herzebrock der Pferdebruch.
Mitbehandeln können wir bei der Gelegenheit die Bauerschaft „Brock“. Sie liegt südlich von Herzebrock und wird in alten Dokumenten daher auch als „Süerburshop“ (südliche Bauerschaft), zugleich aber auch als „Broke“ oder „Brock“ bezeichnet. Wie wir nun wissen, ist das der Name für ein Sumpfland, für einen „Bruch“ – in diesem Fall für einen ohne Pferde.
Zu Herzebrock gehören neben den nachfolgend näher behandelten Bauerschaften Quenhorn, Pixel und Möhler auch Bredeck (Ersterwähnung 1295 als „Bredenech“ = „bei der breiten Eiche“), Brock (nach 1282 „Broke“ = „Sumpfland“) und Groppel (um 1090 „Gropanla“ = „Wald mit Gräben“, vom mittelniederdeutschen „grope“ = „Grube, Rinne, Abzugsgraben“).
Fotos: Christina Vredenburg