Schon mal über den Beruf „ErgotherapeutIn“ nachgedacht? | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Interview mit Tanja Cordtomeikel – Inh. Der Praxis für Ergotherapie Bulthaup in Herzebrock-Clarholz und Rheda-Wiedenbrück.

Schon mal über den Beruf „ErgotherapeutIn“ nachgedacht?

Wie bist Du zu dem Beruf als staatl. anerk. Ergotherapeutin gekommen?

Eine Freundin meiner Eltern hat eine Praxis für Ergotherapie, da habe ich noch in der Schulzeit eines meiner Praktika absolviert. Die Möglichkeit in so vielen Fachbereichen (Geriatrie, Pädiatrie, Psychiatrie, Neurologie, Orthopädisch und in der Handchirurgie) tätig zu sein, mit Menschen in verschiedenen Altersabschnitten von meist 3 bis 99 Jahren zu arbeiten und zusätzlich so kreativ arbeiten zu können, hat mich damals sehr fasziniert. Vor fast 30 Jahren waren die Voraussetzungen für den Beginn der Ausbildung noch ein wenig anders. Meine Eltern mussten das Schulgeld von fast 500 DM monatlich noch komplett übernehmen, ich war eine von zwei Selbstzahlerinnen, die anderen Auszubildenen waren alle Umschüler in zweiter oder dritter Ausbildung. Da war die Spanne von mir mit 16 Jahren zum fast 50- Jährigen Mitschüler manchmal etwas spannend, aber auch eine gute Vorbereitung auf das spätere Berufsumfeld.

Nach der Ausbildung habe ich in verschiedenen Kliniken und Praxen gearbeitet, habe in den Einrichtungen und auf zahlreichen Fortbildungen viel gelernt und lerne bis heute immer weiter dazu. Zuletzt habe ich eine Weiterbildung zur NAP Therapeutin, eine Therapieform von neuroorthopädischer Therapie absolviert, demnächst folgt die Weiterbildung zur Medical Yogalehrerin. Dieses stetige Weiterlernen ist in unserem Berufsfeld „normal“, man lernt auf den Veranstaltungen unglaublich viele Menschen kennen, die für den gleichen Beruf brennen und natürlich kommt alles, was man dazulernt, den Patienten zu Gute, was auch einen selbst sehr zufrieden macht.

Wie bist Du zu deiner Selbstständigkeit gekommen?

Für mich war nach ein paar Jahren im neurologischen Klinikalltag klar, dass es mir nicht reicht die PatientInnen in der kurzen Zeit der Reha zu begleiten. Wenn PatientInnen nach Monaten oder Jahren einen neuen Aufenthalt in der Reha hatten, berichteten sie oft von den Schwierigkeiten zu hause. Fehlende Versorgung durch passende Therapie, wenig Unterstützung bei der Hilfsmittelversorgung oder einfach mal ein offenes Ohr für all das, was auf die Menschen in der besonderen Situation nach der Reha und der körperlichen Veränderung/ Beeinträchtigung zukommt. In der ambulanten Praxis können wir das tun, was ErgotherapeutInnen ausmacht: die Menschen auf ganz verschiedenen Wegen zurück in ihren Alltag zu begleiten.

Ich habe meine erste Praxis in Rheda-Wiedenbrück eröffnet, weil zu der Zeit dort noch keine Praxis vorhanden war. Ich selber komme eigentlich aus dem Kreis Herford, da war die Versorgung mit Praxen damals aber schon gut etabliert.

Was genau ist Ergotherapie für dich, oder wie würdest Du es mit deinen Worten definieren?

Ergotherapie ist die Möglichkeit die/den PatientIn mit all seinen/ihren ganz individuellen Defiziten und Möglichkeiten, persönlichen Umwelt, Wünschen und Bedürfnissen da abzuholen, wo er/sie ist, und mit ihm/ihr gemeinsam Ziele zu formulieren, um das Bewältigen seines/ihres Alltags zu ermöglichen. Das bedeutet nicht immer, dass nach der Ergotherapie keine Defizite mehr vorhanden sind, aber wenn sich der/die jeweilige PatientIn auf das, was anders ist, einlassen kann, gibt es immer eine neue Möglichkeit zur Selbständigkeit im Alltag. Wichtig ist mir, dass immer Spaß, Motivation und Selbstwertförderung mit in der Therapie beinhaltet ist. Genauso gehören aber auch Schmerz, Selbstzweifel und Stagnation zum Therapiealltag. Ein Therapeut hat meiner Meinung nach die Aufgabe auch dieses aufzufangen und zu wenden, diesen Gefühlen Raum zu geben und dem Patienten oder der Patientin zu helfen, die Situation zu verarbeiten und eine neue Perspektive zu finden.

Was hat sich in den letzten Jahren verändert?

Eigentlich hat sich fast alles verändert: die Verordnungen und Abrechnungen, die Forderungen der Krankenkassen, die Menschen, die in der Ergotherapie arbeiten ebenso wie die PatientInnen, die eine Verordnung erhalten, die Ausbildungen, das Gesundheitssystem, in das wir eingebettet sind.

Früher gab es nur die dreijährige schulische Ergotherapie-Ausbildung an einer Berufsfachschule. Mittlerweile kann man den Studiengang Ergotherapie auch vollzeit, berufsbegleitend oder ausbildungsintegrierend absolvieren.

Verordnungen werden aufwendiger zu bearbeiten. PatientInnen werden immer wieder mit den Rezepten zurück in die Arztpraxen zum Ändern geschickt. Die Bürokratie ist immer zeitraubender, wie in allen Bereichen. PatientInnen, die Therapiebedarf haben, warten oft viele Wochen, manchmal Monate auf einen Termin. Das wiederum macht Druck, auf allen Seiten. Wir bei Bulthaup und ich glaube auch viele andere KollegInnen, arbeiten oft über ihre Stundenzahl. Aber irgendwann ist auch da ein Ende erreicht. Wir merken deutlich den Rückgang an neu ausgebildeten ErgotherapeutInnen und zudem gehen die „alten Hasen“ aus der Babyboomer- Generation nach und nach in den Ruhestand. Das verschärft den Personalmangel natürlich.

Insgesamt ist der Bekanntheitsgrad der Ergotherapie noch deutlich schlechter als bei der Physiotherapie. Ergotherapie ist nicht eine Alternative zu anderen Therapieformen, sondern notwendig in der Versorgung der Patienten im Alltag.

Was macht deine Therapie aus?

Fachlichkeit, Feingefühl, Kreativität und Spaß.

Wie sehen deine Schwerpunkte in der Praxis aus?

Ich habe KollegInnen, die sich auf verschiedene Fachbereiche spezialisiert haben, so dass wir ergotherapeutische Angebote in ganz verschiedenen Fachbereichen anbieten können: Pädiatrie, Neurologie, Psychiatrie, Handtherapie, Geriatrie, Gruppenangebote in verschieden Bereichen.

Hast du einen Gesundheitstipp für uns?

Bewegung und vielfältige soziale Kontakte sind die wichtigsten Voraussetzungen für einen gesunden Körper und Geist. Das was Du tust, tue mit Spaß, das ist wichtig. Dann findet es auch Platz im Alltag. Wenn man dieses umsetzen kann, ist das Problem mit dem Zeitmangel auch nicht mehr ganz so weit im Vordergrund.

Du hast Interesse am Beruf des ErgotherapeutIn? Nimm gerne Kontakt mit uns auf.

Bulthaup Praxis für Ergotherapie
Uthofstraße 13
33442 Herzebrock-Clarholz
Tel.: 05245-922280

Fürst-Bentheim-Straße 3
33378 Rheda-Wiedenbrück
Tel.: 05242-408508

Website: www.ergotherapie-bulthaup.de

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