Lokalpolitischer Überblick mit Marco Diethelm bei „Politik vor Ort“ der Kolpingsfamilien | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Lokalpolitischer Überblick mit Marco Diethelm bei „Politik vor Ort“ der Kolpingsfamilien

Die Kolpingsfamilien Herzebrock und Clarholz hatten gestern morgen zum lokalpolitischen Frühschoppen ins Pfarrzentrum St. Christina eingeladen. Stefan Jeska und Dominik Wesdijk von der Kolpingsfamilie Herzebrock freuten sich über die zahlreichen Besucher. Moderiert wurde die Veranstaltung traditionell von Matthias Träger, der an der einen oder anderen Stelle sein Wissen als Radio Gütersloh Moderator gut mit einbringen konnte.

Ganz so lokalpolitisch war dieses Jahr der Frühschoppen gar nicht. Denn viele Themen betrafen den Bund, das Land und sogar die US-Wahl, aber alle mit lokalpolitischen Auswirkungen.

Haushalt der Gemeinde

Los ging es mit dem kürzlich verabschiedeten Haushalt 2024 der Gemeinde Herzebrock-Clarholz. Der Gemeinde schlage neben Inflation, gestiegenen Energie- und Personalkostenkosten vor allem die gestiegene Kreisumlage von 2,5 Mio. EUR zu buche. Investitionen wurden geschoben, Maßnahmen gestrichen.

Die Verwaltung habe die Aufgabe zusätzlich im Jahr 2024 noch etwa 1 Mio. EUR (2% globaler Minderaufwand) zu sparen. Gar nicht so einfach, wenn Personalkosten und Abschreibungen schon fix sind.

In den Jahren 2022 und 2023 konnten zwar mehr Gewerbesteuer-Einnahmen als prognostiziert eingenommen werden, aber Kämmerer Heinz-Dieter Wette rechne damit, dass dieser Effekt dieses Jahr ausfällen würde, da viele der Nachzahlungen noch aus den Corona-Jahren resultiert hätten.

Hinzu kämen die Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Aktuell seien es rund 350, mehr als die Hälfte davon aus der Ukraine und dem Balkan. Pro Flüchtling fallen laut Städte- und Gemeindebund Kosten in Höhe von 20.000 EUR pro Jahr an, 13.000 EUR bekommt die Kommune dabei vom Land zurück. Die Gemeinde mietete für die Flüchtlinge Wohnungen an, die noch größtenteils saniert werden mussten. Dadurch konnte die Gemeinde Herzebrock-Clarholz langfristig weniger Mietzahlungen vereinbaren und unter den durchschnittlich zu tragenden Kosten von 7.000 EUR zu gelangen. Es wird auch immer noch neuer Wohnraum gesucht, da der Gemeinde noch weitere Flüchtlinge zugeteilt werden sollen.

Unterm Strich reichten die Maßnahmen nicht aus, um einen gesicherten Haushalt zu schaffen, so dass der Rat der Gemeinde diese Woche entschieden hat, dass die Steuern in der Gemeinde erhöht werden, rückwirkend zum 01.01.2024. Die Grundsteuer A für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in 205% auf 230%, die Grundsteuer B für Grundstücke von 380% auf 440% und die Gewerbesteuer von 397% auf 406% erhöht. Die Politik hat aber entschieden, nicht an den freiwilligen Leistungen zu sparen.

Am Ende bleibt immer noch ein Defizit von 2,3 Mio. EUR für 2024, welches dann aus der Rücklage der Gemeinde aufgefangen werden muss.

Gesundheitsvorsorge für Verwaltungsmitarbeiter

Die Politik hat Ende Januar beschlossen 20.000 EUR für die Gesundheitsvorsorge der Mitarbeitern der Gemeinde Herzebrock-Clarholz freizugeben. Aufgrund der vergangenen Haushaltsdebatte ein Thema, zu welchem Moderator Matthias Träger nachfragte.

Aktuell sind 180 Mitarbeiter bei der Gemeinde Herzebrock-Clarholz beschäftigt, diese teilen sich 107 Stellen. Im öffentlichen Dienst gibt es, wie in vielen anderen Bereichen einen Mitarbeitermangel, vor allem, da im öffentlichen Dienst meist schlechter bezahlt wird als in der freien Wirtschaft. Hinzu käme, dass andere Kommunen eine starke Abwerbungspolitik fahren mit Handprämien und besseren Besoldungsgruppen.

Marco Diethelm ist froh, dass im Moment alle Stellen in der Gemeinde besetzt seien. Damit die Fluktuation und der Krankenstand so niedrig wie möglich ausfallen, möchte das Gemeindeoberhaupt weiterhin dafür sorgen, dass ein gutes Betriebsklima herrscht und die Mitarbeiter das Gefühl haben, noch etwas bewirken zu können.

Digitale Infrastruktur in der Verwaltung

Durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) soll die Interaktion zwischen BürgerInnen und Unternehmen mit der Verwaltung schneller und nutzerfreundlicher werden. Für einen neuen Führerschein oder Personalausweis müsste man dann zum Beispiel nicht mehr ins Bürgerbüro fahren. Eigentlich sollte dies bereits 2022 flächendeckend online in Deutschland angeboten werden. In Herzebrock-Clarholz ist man leider noch nicht so weit, wie in fast keiner Kommune. Die digitalen Strecken seien fertig, so Diethelm, es hapere jedoch an Kleinigkeiten. Es hängt gerade an der Auswahl der Zahlungsanbieter, da keiner alle Wünsche abbilden kann. Marco Diethelm merkte an: „Manchmal wäre es schön, wenn man als Gemeinde auch einfach mal machen könnte.“ Aber das sei gar nicht so einfach mit den Ausschreibungen.

Einzelne Maßnahmen wären im Rahmen der Digitalisierung schon gut von den Bürgern angenommen worden, wie zum Beispiel, dass mehr als 70% der Wasser-Zählerstände über den QR-Code digital eingesendet wurden, wodurch der Aufwand für die Datenerfassung schon minimiert wurde.

ISEK - „Lebendige Zentren“

Der Ortskern Herzebrock soll mit Mitteln des Städtebauförderprogramms ISEK „Lebendige Zentren“ wieder attraktiver, lebendiger und lebenswerter werden. Grundlage für den Einsatz von Fördermitteln aus dem Programm ist die Erarbeitung eines integrierten Stadtentwicklungskonzepts.

Das Anliegen der Gemeinde ist es, Instandsetzungsmaßnahmen die in Zukunft anstehen und nötig sind, mit Maßnahmen zur Verbesserung des Ortskerns zu kombinieren, damit sie mit 50% durch Fördermittel aus dem ISEK-Programm finanziert werden.

Seit 2019 wird die Umgestaltung des Ortskerns bereits diskutiert. Der Rat hat es mehrheitlich beschlossen und viele Mitarbeiter der Gemeinde beschäftigen sich seit dem mit den Planungen und Anträgen. Im Zuge der Haushaltsdebatte 2024 der Gemeinde gab es Anfang des Jahres eine Diskussion um die Fortführung der Umgestaltung der Debusstraße und des Denkmalplatzes, um Kosten zu sparen. In der letzten Ratssitzung haben nun die einzelnen Fraktionen (mit zwei Enthaltungen) beschlossen, dass sie zwar inhaltlich nicht mit allem einverstanden seien, aber die Planung grundsätzlich weiter gehen solle.

Die Industriestraße und der Paul-Craemer-Platz sollen dieses Jahres ausgeschrieben und gestartet werden, Debusstraße und Denkmalplatz folgen dann 2026.

Auch der Rathausneubau soll im Rahmen des ISEK-Verfahrens gefördert werden. Das neue Rathaus soll am alten Standort neu gebaut werden. Entschieden wurde sich für die Variante mit Ratssaal. Der Architekt sei ausgesucht und mache gerade die Feinplanung. Das Raumprogramm würde gerade durchgesprochen werden, so Diethelm. Die Feinplanung kann dann vermutlich in der nächsten Ratssitzung vorgestellt werden. Wenn diese so durchlaufen würde, könne 2025 mit dem Abriss begonnen werden.

B64n?

Auf die Frage zum Stand der B64n teilte Marco Diethelm mit, dass der Verwaltung noch keine Planfeststellungsunterlagen vorliegen würden, obwohl sie bereits fertig sein sollen. Der Verkehrsminister des Landes NRW Oliver Krischer (Grüne) habe das Planfeststellungsverfahren leider zurückgestellt.

Das Problem dabei sei, so Diethelm weiter, dass viele andere Projekte vom weiteren Vorgehen bezüglich der B64n abhängig seien. Die Planung zum vierten Bauabschnitt des Postweg-Baugebietes soll auf die B64 zugeführt werden. Aber ohne B64n wäre zwischen Herzebrock und Clarholz keine Zuführung laut Straßen.NRW gewünscht, damit der Verkehr nicht weiter auf dieser Strecke beeinträchtigt würde. Die Büstra-Anlage (Bahnübergangs- und Straßensicherungsanlage) an der Letter Straße soll seit 7 Jahren durch eine neue Büstra-Anlage im Bereich der Nordstraße ersetzt werden. Auch dies sei abhängig von der Entscheidung zur B64n.

Wir haben in Herzebrock-Clarholz 15- bis 20.000 Autos auf der B64, 10.000 Autos auf der Gildestraße und 10.000 Autos auf der Marienfelder Straße. Das sei ein Problem für den Ort in der jetzigen Verkehrsführung.

Marco-Diethelm betonte noch einmal: „Ich erachte die B64n aufgrund der Abhängigkeiten für richtig. Wenn es andere Möglichkeiten gibt, um die Probleme zu lösen, super. Ich will ja keine B64n an sich, ich will, dass die Probleme im Ort gelöst werden.“ Die Kommune als auch das Land NRW seien auch nicht für die Einstellung des Verfahrens zuständig, sondern der Bund.

ÖPNV und Deutschlandticket

Viele Anwesende stellten fest, dass der öffentliche Nahverkehr in der Gemeinde lückenhaft und nicht zufriedenstellend sei. Fehlende Busfahrer sei nur eins der Probleme. Marco Diethelm meinte, dass in Zukunft neue und innovative Mobilitätskonzepte die Lösung sein könnten, wie zum Beispiel selbstfahrende Autos oder Busse, anstelle auf ein zweites Gleis der Bahn zu setzen.

Das von der UWG-Fraktion geforderte Deutschland-Ticket für alle SchülerInnen wurde ja bereits von der Politik abgelehnt. Dennoch soll nun geklärt werden, ob eine teilweise Förderung für die „nicht-anspruchsberechtigten SchülerInnen“ in Frage kommt. Die Verwaltung hat dazu einen Fragebogen aufgesetzt, den die SchülerInnen vermutlich ab nächster Woche beantworten sollen. Hier soll abgeklärt werden, wie viele SchülerInnen sich ein Ticket wünschen und wohin sie mit dem Ticket Fahren würden. Denn neben dem Deutschland-Ticket gibt es noch viel günstigere Alternativen, wie das FunTicket für Gütersloh, TeutoOWL oder im Netz Ostwestfalen.

Straßenbau in der Gemeinde

Im Fahlenland: Wurde vergangenes Jahr schon ausgeschrieben, aber die Angebote waren viel zu überzogen. Dieses Jahr soll es erneut ausgeschrieben werden, wenn die Angebote entsprechend besser sind, soll dieses Jahr schon gebaut werden. Notwendig wird dieses auf Grund von maroden Kanal- und Trinkwasserleitungen. Hier soll dann auch die Bushaltestelle an der Bolandschule neu und barrierefrei gemacht werden.

Industriestraße: Die Straße soll im laufenden Jahr saniert werden. Die alte Trinkwasserleitung aus Guss ist sanierungsbedürftig. In der Industriestraße gab es in den vergangenen Jahren einige Rohrbrüche. Die Straßenbaumaßnahme wird in Zusammenarbeit mit den Gemeindewerken geplant und soll im Rahmen des ISEK-Programmes umgesetzt werden.

Feuerwehrgerätehaus Clarholz

Der Neubau „Feuerwehrhaus und Rettungswache Clarholz“ befindet sich aktuell in der Feinplanung. Der Abriss der ehemaligen Bäckerei Pötter und des Getränkemarkts erfolgen in Kürze. Der Neubau startet dann vermutlich im nächsten Jahr.

Glasfaser (im Außenbereich)

Die Netzgesellschaft konnte letztes Jahr das erste Mal schwarze Zahlen schreiben, nicht zuletzt wegen den Gewerbekunden. Unzufrieden ist die Gemeindeverwaltung mit dem Service und Support der BiTel. Hier gäbe es auf Seiten der Kunden immer wieder Probleme, aber sowohl der BiTel als auch der Verwaltung sei das Problem bekannt und es würde daran gearbeitet werden.

Der Tiefbau für den Außenbereich sei in die Ausschreibung gegangen, dass Ende März die Angebote gesichtet werden können. Für Mai sei dann der Start der Arbeiten geplant.

Auf die Nachfrage, ob eine Öffnung des Netzes für andere Anbieter geplant sei, antwortete Diethelm: „Bisher liegen uns keine Anfragen von anderen Anbietern vor.“

Gewerbegebiete AUREA

Im interkommunalen Gewerbegebiet AUREA seien alle vorhandenen Flächen verkauft. Die drei Kommunen Oelde, Rheda-Wiedenbrück und Herzebrock-Clarholz versuchen, aber weitere Flächen zur Entwicklung zu erwerben.

Gewerbepark Flugplatz Gütersloh

Erst haben 2022 die britischen Streitkräfte überraschend wieder Interesse an dem Areal im Besitz des Bundes als militärischer Standort angekündigt, jetzt die amerikanischen.

Die US-Streitkräfte haben gegenüber der Bima (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) ihr grundsätzliches Interesse an der militärischen Nutzung der ehemaligen Princess Royal Barracks geäußert. Von einem Flugbetrieb war bisher keine Rede, aber es wird spekuliert. Da sowohl Deutschland als die USA NATO-Mitglieder sind, geht dieser hoheitliche Bedarf der USA anderen möglichen Liegenschaftsnutzungen aus der Region vor.

Beim Gewerbepark Flugplatz Gütersloh können die Planungen erst dann weiter gehen, wenn geklärt ist, ob die USA neben dem Gewerbegebiet einen Stützpunkt eröffnen möchte. Die Re-Militarisierung des Flughafengeländes Gütersloh sei aktuell eine unkalkulierbare Situation und wohl abhängig von den US-Wahlen.

Welche Auswirkungen ein möglicher Flugbetrieb in Zeiten von immer mehr Kriegen wohl auch auf uns hier in Herzebrock-Clarholz hätte?