Gestern Abend wurde in der Ratssitzung in der Wilbrandschule der Haushalt 2024 eingebracht. Diese komplexe Thematik möchten wir Euch einmal vorstellen. Dafür haben wir uns mit Bürgermeister Marco Diethelm und dem Kämmerer Heinz-Dieter Wette im Rathaus zusammengesetzt.
Die Gemeinde wird das Haushaltsjahr 2023 voraussichtlich mit einem Jahresüberschuss in Höhe von rd. 1 Mio. € abschließen. Seit 2017 wurden jedes Jahr Überschüsse ausgewiesen, so dass die Ausgleichsrücklage der Gemeinde auf einen Bestand von rd. 15 Mio. € angewachsen ist. Diese positive Entwicklung wird sich im Haushaltsjahr 2024 sowie den Finanzplanungsjahren 2025 bis 2027 nicht fortsetzen.
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Die Auswirkungen des Angriffes Russlands auf die Ukraine sind für den Haushalt der Gemeinde stark belastend. Stark steigende Energiekosten durch die Energiemangellage, die dynamische Entwicklung der Inflation und die Bekämpfung derselben durch steigende Zinsen sowie die zunehmende, dauerhafte Unterbringung, Versorgung und Integration von ukrainischen Flüchtlingen und Asylsuchenden.
Hinzu kommen Einnahmeverluste bei der Einkommens- und Gewerbesteuer aufgrund der Umsetzung von verschiedenen Bundesgesetzen zur Entlastung von Unternehmen und Bevölkerung sowie Ausweitung von Transferleistungen. Beispielhaft sei an dieser Stelle auf die Entwicklungen in der Eingliederungshilfe sowie beim Wohngeld hingewiesen, die die kommunalen Haushalte insgesamt zunehmend belasten.
Zugleich steht die Gemeinde Herzebrock-Clarholz vor immensen Zukunftsaufgaben. Beispielhaft seien die Anforderungen bei der Gebäudeenergieeffizienz im gemeindlichen Gebäudebestand, die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung, der Rechtsanspruch auf den Ganztag in den Grundschulen, die Klimaanpassungs- und Schutzmaßnahmen sowie die weitere Digitalisierung der Verwaltung und der Schulen genannt.
Nach Abschluss der Mittelanmeldung im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfes Mitte Oktober ergaben sich für das Haushaltsjahr 2024 inklusive der Finanzplanungsjahre 2025 bis 2027 im Ergebnisplan Fehlbedarfe in einer Größenordnung von rd. 27,2 Mio. € (6,8 Mio. € pro Jahr), sodass der Entwurf der Haushaltssatzung 2024 nicht genehmigungsfähig gewesen wäre.
Die Verwaltung hat das Ziel einen haushaltsrechtlich ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, um nicht in die Haushaltssicherung zu rutschen. Denn ohne Haushaltsicherungskonzept kann die Verwaltung weiterhin selbst entscheiden, wann und wo in der Zukunft in der Gemeinde investiert wird. Ebenfalls soll auch Aufnahme von Liquiditätskrediten vermieden werden bei gleichzeitiger Fortsetzung der Transformations- und Zukunftsaufgaben, wie die Digital- und Energieinfrastruktur auszubauen, Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept umzusetzen und die ISEK-Maßnahmen fortzuführen.
Einsparungen und Steuererhöhung sollen helfen
Die Verwaltung hat daraufhin sämtliche Haushaltsansätze des Ergebnisplans einer kritischen Prüfung unterzogen und umfangreiche Kürzungen bei verschiedenen Aufwandspositionen sowie Erhöhungen von Erträgen vorgenommen. Insgesamt konnten dadurch Verbesserungen in Höhe von rd. 3,3 Mio. € erzielt werden.
Darüber hinaus wurde die Möglichkeit in Anspruch genommen, im Ergebnisplan einen globalen Minderaufwand in Höhe von 2 Prozent der ordentlichen Aufwendungen zu veranschlagen. Dadurch konnte eine weitere Verbesserung in Höhe von rd. 3,4 Mio. € erzielt werden.
Die Einsparungen in Höhe von insgesamt 6,7 Mio. € reichen aber nicht aus, um eine Veränderung an der haushaltsrechtlichen Situation herbeizuführen. Um die Haushaltssicherung zu vermeiden, mussten weitere Verbesserungen in Höhe von 5 Mio. € erreicht werden. Vor diesem Hintergrund ist die Erhöhung der Steuern die einzige Möglichkeit, eine Haushaltssicherung zu vermeiden.
Die Verwaltung wird daher im Entwurf des Haushaltsplans 2024 eine Erhöhung der Grundsteuer A und B auf die fiktiven Hebesätze des Gemeindefinanzierungsgesetzes vorschlagen. Die Grundsteuer A würde von 205% auf 259% angehoben werden, das würde weitere Einnahmen von 0,16 Mio. € einbringen. Die Grundsteuer B würde von 380% auf 501% angehoben, dies würde ein Plus von 3.6 Mio. € bedeuten. Zusätzlich wird vorgeschlagen den Hebesatz der Gewerbesteuer ab dem Finanzplanungsjahr 2025 auf den fiktiven Hebesatz von 397% auf 416% anzuheben (+ 2,1 Mio. €). Durch diese Steuererhöhung werden zusätzliche Erträge in Höhe von rd. 5,8 Mio. € realisiert.
Mit den beschriebenen Maßnahmen wäre der Fehlbedarf für die Finanzplanung 2024-2027 nur noch 14,4 Mio. € ((3,6 Mio. pro Jahr) und die Haushaltssatzung 2024 genehmigungsfähig.
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Eckdaten des Haushalts
Ausgaben
Doch wie kommt es dazu, dass es einen so großen Fehlbedarf gibt? Hierzu einmal die Aufschlüsselung der wesentlichen Ursachen für 2024 bis 2027, allein diese Kosten machen eine zusätzliche Belastung von 14,5 Mio. € aus.
Außerordentliche Erträge: Wegfall der Möglichkeit, Belastungen aus der Corona-Krise und dem Ukraine-Krieg zu isolieren. Dadurch entsteht eine zusätzliche Belastung von rd. 1,3 Mio. €).
Personal- und Versorgungsaufwand: Die Bezüge und Gehälter steigen 2024 aufgrund der Tarifsteigerung um 8,5%. Geplante Tarifsteigerungen in den Jahren 2025 bis 2027 jeweils weitere 3%. Das macht weitere 1,2 Mio. €.
Sach- und Dienstleistungen: Steigende Instandhaltungsaufwendungen und höhere Bewirtschaftungskosten der Gemeindeeigenen Gebäude (+ 2,4 Mio. €). Steigende Mieten aufgrund Anmietung von Flüchtlingsunterkünften (+2,3 Mio. €). Das macht insgesamt weitere 4,7 Mio. €.
Transferaufwand: Die Kreisumlage 2024 steigt auf 18,46 Mio. € (+2,46 Mio. €). Auch in den Folgejahren hohe Belastung (+2,75 Mio. €). Steigenden Gewerbesteuerumlage, die die Gemeinde an Bund und Land NRW abführen muss (+400 T€). Das sind in Summe 5,61 Mio. € zusätzliche Kosten.
Zinsaufwand: Aufgrund steigender Zinsen und Neuverschuldung steigt der Zinsaufwand um 1,7 Mio. €.
Neben diesen gestiegenen Belastungen fliest das Geld unter anderem in den Betrieb von öffentlichen Verkehrsflächen (2,25 Mio. €), in Schulen (1,95 Mio. €), in den Betrieb des Bauhofes (1,41 Mio. €), als Zuschuss für die beiden Hallenbäder in Herzebrock und Clarholz (1,22 Mio. €).
Einnahmen
Die Gemeinde hat dabei kein Einnahmeproblem. Der langjährige Durchschnitt der ordentlichen Erträge seit 2012 liegt bei 32 Mio. € pro Jahr. Für die Jahre 2024 bis 2027 sind durchschnittliche Erträge von 39 Mio. € prognostiziert. Für das Jahr 2024 werden Einnahmen von 41 Mio. € erwarten, davon kommen 14,6 Mio. € aus der Gewerbesteuer und 9,5 Mio. € Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer. So viel wie nie. Auch das ausgebaute Industriegebiet AUREA, bei dem vor kurzen die letzte Gewerbefläche verkauft worden ist bringt schon über 1 Mio. € Ertrag in die Gemeindekasse. Aber davon gehen allein 18,5 Mio. € als Umlage an den Kreis Gütersloh.
Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene wirken sich jedoch auch auf ein die Einnahmen aus. Wenn der Steuerfreibetrag für die Bürger erhöht wird, fehlen die Einnahmen in der Kommune. Wenn Gewerbebetriebe steuerlich entlastet werden, fehlt das Geld in der Kommune. Wenn die Kommune dann die Steuern erhöht, wird das Thema für die Bürger und Gewerbetreibenden dann zum Nullsummenspiel.
Investitionen
Die Gemeinde plant in den nächsten Jahren zwar größere Investitionen, wie den Neubau des Rathauses (14,25 Mio. €), den Breitbandausbau im Außenbereich (15.9 Mio. €), den Neubau der Feuer- und Rettungswache in Clarholz (6,1 Mio. €), doch haben diese Investitionen eher Einfluss auf die Liquidität der Gemeinde, als dass sie den Fehlbedarf ausmachen. Die Kosten werden zum Teil über 80 Jahre abgeschrieben und hier kommen nur Zinsen und Tilgung zum Tragen. Des Weiteren werden viele dieser Investitionen zum großen Teil über Förderprogramme getragen.
Weitere geplante Investitionen:
Ankauf von Grundstücken (landwirtschaftliche Flächen): 6.9 Mio. €
Ankauf von Grundstücken für die Renaturierung Axtbach: 1 Mio. €
PV-Anlagen gemeindeeigene Gebäude: 130.000 €
ISEK-Maßnahmen Debusstr. / Denkmalplatz: 2.6 Mio. €
ISEK-Maßnahme Spiel- und Sportstätten: 1.3 Mio. €
ISEK-Maßnahme Industriestraße 0,88 Mio. €
Erneuerung Dieselstraße – 1. Abschnitt 2.8 Mio. €
Erneuerung Wirtschaftswege 1.55 Mio. €
Neue Fahrzeuge Feuerwehr 1 Mio. €
Ersatzbeschaffung Hard- und Software: 150.750 €
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Weiterer Zeitplan
Die politischen Beratungen über den Haushalt 2024 beginnen ab dem 16. Januar 2024. Die Beschlüsse über die Haushaltssatzung sowie den Stellenplan 2024 sollen in der Ratssitzung am 14. Februar 2024 gefasst werden. Danach erfolgt unmittelbar die Anzeige der vom Rat beschlossenen Haushaltssatzung bei der Aufsichtsbehörde (Kreis Gütersloh).
Die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2024 findet Ihr hier: